Wenn die Sonne lacht Blende acht. Ein alter Fotoreim, noch aus Zeiten von Boxkameras. Für den Knipser hat diese Einstellung sicherlich häufig zu guten Bildern geführt. Heute bietet die Kamera- und Objektivtechnik ganz andere Möglichkeiten. Eine viel größere Auswahl an Fotogeräten ist verfügbar. Fast jede fotografische Aufgabe kann man mit irgend einer Fototechnik fotografisch mit dem gewünschten Ergebnis ablichten.
Wer sich schon etwas mit der Fotografie beschäftigt, wird die Auswirkung einer kleinen oder großen Blendenöffnung kennen. Kleine Blendenöffnung wie Blende 16 oder 22 lässt wenig Licht durch und sorgt für eine große Schärfentiefe. Eine große Blendenöffnung wie Blende 1,2, 1,4 oder 1,8 lässt viel mehr Licht durch und die Schärfentiefe ist viel geringer. Was wann am sinnvollsten ist, wird von vielen Faktoren abhängen. In erster Linie vom Motiv, der Brennweite, der Lichtmenge und dem gewünschten Bildergebnis.
In der Landschaftsfotografie wollen wir meist von vorne bis hinten alles scharf abgebildet haben. Sozuagen die maximale Schärfentiefe. Warum eigentlich? Ich weiß es wirklich nicht. Schauen wir uns mal zwei Beispiele an:
Aufgenommen mit einer Vollformatkamera und 180 mm Telebrennweite. Blende dürfte 2,8 oder 4 gewesen sein. Also eine relativ weit geöffnete Blende. Ich wollte hier bewusst den Hintergrund in Unschärfe verschwimmen lassen. Nur das Herbstlaub im Vordergrund sollte scharf sein. Ist das Foto jetzt schlecht, weil der Hintergrund unscharf ist? Für mich nicht. Im Gegenteil. Das Auge fokussiert sich auf den scharfen Ast im Vordergrund. Der Hintergrund ist durch die Unschärfe weniger störend.
Ein weiteres Fotos. Von vorne bis hinten ist alles knackescharf. Aufgenommen mit Vollformatkamera und 20 mm Weitwinkel. Blende 11 oder 16. Dadurch entstand auch der Sonnenstern. Ich finde beide Fotos gut. Beides sind auf ihre eigene Art gut.
Was will ich damit sagen? Im Prinzip ist es abhängig welche Aussage der Fotograf machen will. Das erste Bild mögen manche schon als Nahaufnahme bezeichnen. Dennoch lässt es das Umfeld, die Landschaft, trotz Unschärfe erahnen. Der unscharfe Bereich könnte sehr gut als Fläche für einen Werbetext verwendet werden. Es könnte aber auch als Kalenderbild mit meditativen Sprüchen dienen. Auf dem zweiten Fotos ist kaum noch Platz für einen Werbetext. Es würde sich besser als Werbefoto eines Weingutes oder für eine Busreise in eine Weinregion machen. Welchen Zweck und welche Stimmung soll ein Bild wecken? Von vorne bis hinten scharfe Weitwinkellandschaften gibt es bereits im Überfluß. Detailaufnahmen einer Landschaft sind dagegen rar. Denkt mal darüber nach. Vielleicht macht ihr dann auch mehr Detailaufnahmen einer Landschaft?
Welche Blende für Landschaftsaufnahmen?
Im Prinzip gibt es vier Möglichkeiten. Bei offener oder weit geöffneter Blende. Bei einer Blende wo das Objektiv die maximale Schärfe hat. Mit der förderlichen oder optimalen Blende. Oder ganz oder fast ganz abgeblendet. Im Prinzip können alle Möglichkeiten angewendet werden. Da kommt es auf das Motiv und was der Fotograf erreichen möchte an. Betrachten wir einfach mal die vier Möglichkeiten.
Offene Blende für Landschaftsaufnahmen
Dies wird relativ selten eingesetzt. Dabei kann man damit viel mehr Tiefe in ein Bild bringen.
Auch wenn sich das Foto wiederholt. 180 mm Teleobjektiv mit weit geöhffneter Blende.
Das geht auch mit 14 mm (= Vollformat 21 mm) Weitwinkel, wenn man sehr nah an ein Objektiv im Vordergrund heran geht. Festbennweiten sind da besser geeignet, da diese meist eine bessere Naheinstellung als Zoom-Objektive haben.
Die schärfste Blende für Landschaftsaufnahmen
Gut, die Überschrift ist nicht ganz korrekt. Richtig wäre die Blende, wo das Objektiv die maximale Schärfeleistung hat. In dem Blendenbereich fotografiere ich am liebsten. Warum? Weil ich die maximale Schärfe und Detailaufösung bei meinen Fotos haben möchte. Woher weiß man bei welcher Blende ein Objektiv am schärfste ist? Bei den meisten Objektiven hat man bei den folgenden Blendenwerten meist die beste Schärfeleistung:
- MFT = Blende 2,8 – 4
- APS-C = Blende 4-5,6
- Vollformat = Blende 8 – 11
- Mittelformat = Blende 11 – 22
Das sind sehr grobe Werte für eine erste Einschätzung. Da es auch Fertigungstoleranzen und andere Einflußfaktoren geben kann, teste ich jedes neue Objektiv. Im digitalen Zeitalter geht das relativ einfach. Kamera mit Objektiv auf einem Stativ befestigen. Vor der Kamera ein Testbild, Siemensstern oder Millimeterpapier aufstellen oder aufhängen. An der Kamera eine feste ISO einstellen. Am besten eine niedrige ISO. Testaufnahmen mit jedem vollen Blendenwert mit einem Fernauslöser machen. Die Aufnahmen in Lightroom oder vergleichbarer Software bei 100% Ansicht betrachten und die Schärfe vergleichen. Die schärfsten Aufnahmen zeigen die Blendenwerte wo das Objektiv am schärfsten ist. Ich notiere mir diese ermittelten Werte in einer Excel-Tabelle. Nur zum nachschauen. Bei regelmässiger Anwendung weiß man irgendwann die schärfsten Blendenwerte auswendig.
Die oben genannten Werte bitte nicht als Gesatz ansehen. Es gibt einige Faktoren die zu Abweichungen führen können. Ich fotografiere derzeit mit dem Fuji X-System. APS-C-Kameras. Theroretisch müssten die Objektive die größte Schärfeleistung bei Blende 4 und 5,6 haben. Das trifft auch auf alle Fuji-Objektive zu. Dennoch gibt es auch hier Abweichungen. Das Fuji XF 90 mm 2,0 hat bereits ab Blende 2,8 eine großartige Schärfeleistung. Das XF 80 mm 2,8 und XF 60 mm 2,4 Makroobjektiv haben auch noch bei Blende 8 eine Knackeschärfe. Weitwinkelbrennweiten neigen früher zu Beugungsunschärfe. Aber auch die Konstruktion und auf welchen Bereich das Objetkiv berechnet worden ist kann eine Rolle spielen.
Die förderliche oder optimale Blende für Landchaftsaufnahmen
Viele sehr gute Landschaftfotografen versuchen Landschaften mit der förderlichen oder auch optimalen Blende zu belichten. Was ist die förderliche Blende? Das ist eine Blende wo das Objektiv noch einen scharfen Bildeindruck wiedergibt und die Beugungsunschärfe noch akzeptabel ist. Ich muß gestehen ich nutze diesen Blendenbereich nur wenn es nicht anders geht. Mir ist die Bildschärfe bei einer förderlichen Blende bereits zu unscharf. Bei einem Bild im Internet wird man das nicht erkennen. Bei Vergrößerungen aber schon. Am liebsten nutzte ich die Blende mit der besten Schärfeleistung eines Objektives. Aber nun geht es um die förderliche Blende. Die ist wiederum meist von der Größe des Aufnahmeformates und dem Abbildungsmaßstab abhängig. In der Praxis sollten in den meisten Fällen kleinere Blende (= höherer Werte) als bei der schärfsten Blendeneinstellung möglich sein.
In der Landschaftsfotografie wird man trotz geringer Schärfeeinbussen oft mit der förderlichen Blende arbeiten. Insbesondere, wenn man eine hohe Schärfentiefe erreichen möchte.
Blende 4 oder 5,6 war nicht ausreichend um die gewünschte Schärfentiefe zu erzielen. Also mußte ich bei dem Fotos auf Blende 8 einstellen.
Ein weiterer Faktor für die förderliche Blende ist der Abbildungsmaßstab. Wer sich im Makrobereich bewegt erzielt einen geringeren Abbildungsmaßstab nur durch einen längeren Tubus am Objektiv oder durch Zwischenringe. Dadurch verändert sich auch die Brennweite des Objektives. Mit der Brennweite verändert sich leider auch die Beugungsunschärfe. In der Praxis hat man beim Abblenden bereits früher Beugungsunschärfe. Aber halt. In der Landschaftsfotografie machen wir keine Fotos im Abbildungsmaßstab 1:1 oder noch extremer. Also können wir den Punkt vernachlässigen.
Die kleinste Blende für Landschaftsaufnahmen
Inzwischen wissen wir, daß bei starkem abblenden Beugungsunschärfe auftreten kann. Wenn man bis zum Anschlag abblendet, bekommt man unscharf wirkende Fotos. Also verzichten wir auf Blende 16, 22 und 32? Nicht wirklich. In den meisten Fällen werden wir solch eine kleine Blender vermeiden. Es gibt aber auch in der Landschaftsfotografie Situationen wo wir eine kleine Blende nutzen wollen. Wenn wir einen Sonnenstern fotografieren wollen.
Blende 16 mit einer APS-C-Kamera. Ja es geht. Ohne Blende 16 wäre der Sonnenstern nicht so schön geworden. Ein Sonnenstern gelingt nur mit kleiner Blende. Das gleiche Bild habe ich mit Blende 11 und 8 gemacht. Blende 16 war mit dem schönsten Sonnenstrahlen.
Was bringt mir dieses Wissen in der Landschaftsfotografie? Mag sein das ich Schärfefanatiker bin. Aus diesem Grunde möchte ich bei den meisten Landschaftsfotos auch die maximale Schärfe in den Bilder wiedergeben. Das geht nur mit der förderlichen Blende. Allerdings kann das auch Nachteile haben. Bei Blende 5,6 bekommt man auch mit einem 14 mm Weitwinkel nicht immer die ganze Landschaft von vorne bis hinten scharf. Je nach Situation Blende ich auf 8, 11 oder 16 ab. Meist aber nur wenn ich auch einen Sonnenstern wiedergeben möchte. Dieser entsteht nur durch abblenden.
Wenn keine Sonne im Bild ist, nutze ich Focus Stacking. Ich mache zwei, drei oder vier Einzelfotos mit unterschiedlichen Entfernungseinstellungen. Das funktioniert aber auch nur, wenn sich in der Landschaft nichts bewegt. Bei Wind funktioniert das oft nicht, da Gras und Laub nicht deckungsgleich aufgenommen werden können. Ohne Deckungsgleiche Bilder kann auch keine Software die Schärfe korrekt zusammenrechnen. Die Schärfentiefe kann ich bei manueller Fokusierung im Display meiner Kamera vorher prüfen. Die Schärfe sollte sich zwischen den Aufnahmen um ca. 20 – 25% überlagern. Danach werden die Bilder mit Helicon-Focus zusammengerechnet. Mit Photoshop ginge das auch. Ist aber umständlicher, zeitaufändiger und meist nicht so perfekt. So erziele ich eine durchgängig maximale Schärfeleistung.
Welche Blende für Landschaftsaufnahmen?
Was lernen wir daraus? Es gibt vier grob eingeteilte Blendenbereiche. Alle Blendenbereich kann man in der Landschaftsfotografie einsetzen. Wissen, verstehen und gezielt umsetzen. Eine vereinfachte Zusammenfassung kann so aussehen:
- offene Blende um Details freizustellen
- Schärfste Blendeneinstellung, da wo es mögich ist um die maximale Schärfe und Auflösung zu erzielen
- Förderliche Blende wenn die schärfste Blende nicht realisierbar
- Geschlossene Blende wenn man einen Sonnenstern im Bild realisieren will oder die förderliche Blende nicht ausreicht
Um möglichst die maximale Schärfe nutzen zu können, kann man ein weiteres abblenden durch Focus Stacking vermeiden. Was ist Focus Stacking? Man macht mehrere Aufnahmen mit verschobenen Schärfentiefenwerten. Die Aufnahmen müßen sich in der Schärfenteife um ca. 25 – 35% überschneiden. Man macht so viele Aufnahmen vom gleichen Motiv, bis man den gewünschten Bereich in der Schärfentiefe hat. Die Einzelfotos werden mit Photoshop oder spezieller Focus Stacking Software wie HelicoFocus oder Zerene Stacker zu einem durchgehend scharfen Bild zusammen gerechnet. Bei Aufnahmen mit einem Weitwinekobjektiv reichen da oft zwei bis drei Aufnahmen aus um von vorne bis zum Hintergrund alles scharf zu bekommen.
Welche Rolle spielt die Blende in der Landschaftsfotografie? Eine wichtige. Ja nach dem was der Fotograf für ein Bildergebnis erzielen möchte. Was für eine Bildaussage soll entstehen? Wofür soll das Bild verwendet werden? Was wünscht sich der Auftraggeber? Man wird die Blende auswählen um das gewünschte Ergebnis zu erzielen. Von Blende 1,0 bis Blende 64 ist da alles möglich. Fixiert euch nicht nur auf die Blende. Dennoch solltet ihr das beschriebene Wissen auch bewusst einsetzen können. Nur mit dem fotografischen Grundwissen und der gekonnten Anwendung wird man leichter das gewünschte Ergebnis erzielen.